Abt Calamun ya Sfardas de Ysarti

 Ehrwürden Calamun, Mitglied im Orden des Heiligen Golgari, Abt des Klosters Garrensand und Deuter Golgaris

 

 

Abt Calamun

Der neue Abt des Garrensand-Klosters ist ein sehr asketisch aussehender, über sechzigjähriger Geweihter aus dem Alten Reich. Man merkt ihm nicht nur seine vornehme Herkunft, Ritterstand, sondern auch seine vorzügliche Bildung an. So geschieht es mitunter, dass Abt Calamun vom fließenden Ur-Tulamidya ins fließende Alt-Güldenländisch wechselt, um schlisselich mit einer Frage auf Bosparano zu schließen. Auch die Schriften, Prophezeihungen und Kanones der Boron-Kirche kennt er alle, das meiste sogar auswendig, was er mit seiner strengen Ausbildung in Punin erklärt, woselbst er lange Jahre die Mönche angeleitet hatte, ehe er vor wenigen Jahren nach Garrensand kam, um Circator zu werden, also mit strengem Blicke der Verfehlungen der Mönche zu achten. Seitdem bekannt ward, dass sich der Orden der Golgariten begründen werde, mit permissio des Raben, da ward Calamun dafür, diesem Orden das geistig Fundament zu liefern. Schon seit seiner Ankunft in Garrensand war Calamun der heimliche Abt gewesen; zwar hatten Vurian einst und später vor allem Kalchas mehr Einfluß und eine größere Anhängerschar, doch die alltägliche Arbeit erledigte Calamun.

Die Wahl Pelgor Larbentrosts durch das Klostercapitel war eine Art Protest gegen den ehrgeizigen Circator, jedoch hatte damals niemand mit dem schnellen Ableben des sanften Abtes gerechnet. Nach dem Auszug der alten Pelgor-Larbentrost-Fraktion nach Trolleck unter Malchias von Schnellenbrück war die Wahl Calamuns Formsache. Calamun versteht es, sich auf den Kreis derer sensibel einzustellen, die er beeindrucken möchte. So beherrscht er hervorragend die Rolle des entrückten Mönches, von Boron beseelt; auch gelingt es ihm, in Verhandlungen mit einem Geschick aufzutreten, dass sich selbst eingefleischte tulamidische Feilscher im Nachhinein fragen müssen, wie er es nun eigentlich geschafft hat, sie von seiner Meinung zu überzeugen.

Mit diesen Künsten der Zunge, die er entgegen dem Anraten seines Abtes eifrig studiert hatte, obschon Boron doch die Rede als Übel allen Übels aus der Welt verdammen will, gelang es Calamun auch, innerhalb der letzten vier Monde mehr als zwanzig neue Novizen zu werben - sechs allein aus dem Dörfchen Doldorf in Bragahn, aus dem Kalchas der Seher und Pelgor Larbentrost stammten. Mittlerweile sieht man ihn kaum mehr ausserhalb der Garrensander Gemäuer und es wird gemunkelt, dass er nicht auf gutem Fuss mit der jetzigen Grossmeisterin Borondria steht, die den Orden in seinen Augen Boron ungefällig zu weit öffnet und von dem rechten Weg abzukommen scheint. Calamun gilt innerhalb des Ordens als Erzkonservatist und eifriger Kritiker der Ordensoberen.

 

 

Text: B. Berghausen