Vom Knappen zum Ritter

 „So einem Ritter ein Knappe zum Zwecke der Ausbildung anvertraut wird, so sei er diesem fürderhin Vorbild, Lehrmeister und Vater. Denn auch der Knappe soll eines Tages die Leite zum Ritter empfangen. Und so unterweise der Ritter seinem Knappen die Tugenden und Lehren der Heiligen Puniner Kirche und die Gebote und Verbote des Ordens, wie ein Wissender zu einem Unwissenden. Und so habe der Ritter stets ein Ohr für die Sorgen und Ängste seines Knappens, auf dass dessen unsterbliche Seele sich nicht dem Frevelhaften hingeben (…) Und wiewohl der Ritter frei in der Art und Weise seiner Unterweisung sei, so habe er doch die Heiligen Schriften zu Punin und Garrensand zu befolgen, die da besagen:

 

I Die Gebote und Verbote, Tugende und Ideale, Weisungen und Orakel der Heiligen Puniner Kirche und des Ordens des Heiligen Golgari weisen dem Ritter den rechten Weg zur Unterweisung.

 

II Bevor der Ritter seinen Knappen auf Mission schicke, hat er dafür zu sorgen, dass der Knappe den Umgang mit der gefälligsten Waffe des Herrn Boron beherrsche, auf dass er sich seines derischen Leibes und desjenigen anderer zu erwehren vermag (…) Um zu prüfen aber, ob der Knappe bereit ist, lasse der Ritter ihn gegen vier Knappen antreten. So er denn viermal den Sieg davon trägt, kämpfe der Knappe gegen seinen Ritter. Und wenn sich der Knappe in den Augen seines Ritters als würdig erweist, so mag er fürderhin bereit sein, auch alleine auf Mission ausgeschickt zu werden.

 

III Auf das Verhalten seines Knappens achte der Ritter, insbesondere nach der Aufnahme in den Orden. Dieser soll nicht reden, wenn dies nicht ausdrücklich erwünscht ist, soll auch in Situationen größter Anstrengung und Anspannung, vor allem aber im Kampfe, auf ebendieses achten und soll seinem Ritter und auch allen anderen über ihm Stehenden höchsten Respekt zollen (…).

 Nach der Initiation lege der Knappe einen Mond lang ein Schweigegelübde ab , um des Herrn Borons Nähe zu erspüren und sich auf seine zukünftigen Aufgaben vorzubereiten. So aber der Knappe dieses Gelübde nicht annehmen will, des Öfteren dagegen verstößt oder anderweitig falsches Verhalten an den Tag legt, so sei er nach einer letzten Ermahnung vom Ordensdienst verwiesen und nie wieder hat er das Recht, diesem in irgendeiner Form beizutreten (…)

Den Worten seines Lehrmeisters habe der Knappe hörig zu sein, es sei denn, diese gefährden, sei es durch Versuchungen unheiliger Wesenheiten, sei es durch weltliche Laster, absichtlich die unsterbliche Seele seines Schülers.

 

IV So der Knappe in seinem Vorleben nicht bereits in des Borons Dienst stand und somit noch nicht mit den Mysterien unseres Herren und den Anbetungsformen zur Huldigung des Schweigsamen vertraut ist, sei der Ritter dazu aufgefordert, seinem Knappen ebendies beizubringen. Er soll den Knappen in jedweder Form des Boronglaubens unterrichten, beginnend mit der Bedeutung des Herrn innerhalb des Pantheons über seine Diener, bis hin zu den einzelnen Gebetsformen.

All dies soll der Knappe geflissentlich im Geiste behalten und im Stillen rezitieren, bis er es auswendig erlernt hat. Diese Form der Ausbildung soll gleichzeitig zu der am Rabenschnabel erfolgen, auf dass der Knappe beim Zug gegen unheilige Wesenheiten nicht verzagt und stets Boron im Herzen und im Geiste mit sich trägt (…) Dem Legaten des Rabens von Punin sei es Aufgabe, darüber zu wachen, dass der Knappe nicht nur an Körper, aber auch an Geist gestählt werde I .

V Sofern der Knappe noch nicht über die Fähigkeit zum Kampfe zu Pferd verfügt, sei er auch darin unterwiesen. Hierbei soll der größte Teil der Ausbildung durch den Ritter selbst vermittelt werden. Während er anfangs dazu aufgetragen ist seinem Schüler die grundlegenden Dinge des Reitens zu übermitteln, soll er ihm später auch die Reitkunst auf schwierigem Gelände und in schwierigen Situationen beibringen, wobei es ihm freigestellt sei,  seinen Knappen auch weit weg von den Ordensburgen in Gebirgsland oder sumpfige Gefilde zu führen.

Diese Reitübung hat der Ritter mit der Ausbildung am Rabenschnabel zu verknüpfen, auf dass er auf Gebet, Waffenübung  und Reitübung gleich viel Zeit verwende.

 

 

VI Besitzt der Knappe nun die Schärfe des Geistes, die durch intensives Gebet erlangt wird, ebenso wie die Kunst der Reiterei und weiß er außerdem so seine Waffe zu führen, auf dass er einen einfachen Söldner und ähnliches Gesindel in kurzem Kampf bezwingen kann, so ist es an der Zeit, dass der Ritter ihm beibringt, das Erlernte zu kombinieren und ihn im berittenen Kampf unterweist.

Der Ritter soll nicht eher ruhen, bis er sich sicher ist, dass sein Schüler auch in einer Schlachtensituation mit dieser Kampfform umzugehen weiß und somit für den Dienst im Namen des Hl. Golgari bestens geübt ist. Zu diesem Zweck kann und soll der Ritter mit seinem Schüler auch andere Ordensniederlassungen aufsuchen, um dort spezielle Kampffertigkeiten zu erlernen II.

 

VII So der Knappe nun all das in ausführlicher Übung durch seinen Ritter beigebracht bekommen hat und dieser nicht mehr weiß, was er seinem Knappen noch an Lektionen mitgeben soll,  ist es an der Zeit, dass er das Erlernte in die Tat umsetzt und er seinen Schüler in Aufträge  zum Wohl der Zwölfgöttlichen Lande und zum Dienste an unserem Herrn Boron begleitet (…)

Nur so lässt sich die Perfektion erreichen, die ein Knappe benötigt, um dereinst zum Ritter geschlagen zu werden, nur so wird er sich bewusst, welch schwierige und erstrebenswerte Aufgabe der Herr seinen Streitern gestellt hat und nur so lernt er, seine eigenen Fähigkeiten nicht zu überschätzen und nicht den unheiligen Versuchungen der Feinde unseres Glaubens zu erliegen (…).

 

VIII Wenn der Ritter aber gedenkt, seinen Knappen in den Kampf gegen den Feind zu führen, so hat er zuvor die Aufgabe, diesen in die Natur des Feindes zu unterweisen, auf dass er seinen Schüler gegen alle Angriffe des Feindes gefeit sei. Um dies zu erreichen, soll er ihm alles, was er selbst darüber weiß, beibringen, und ihm gestatten, in der ausgestatteten Bibliothek zu Garrensand das Nötige in Erfahrung zu bringen. Ebenfalls möglich ist es, zu diesem Zweck andere Ordensniederlassungen aufzusuchen.

 

IX Der Ritter habe zu gewährleisten, dass der Knappe ein jede Ordensspeiche einmal besucht habe, auf dass dieser wisse, wie vielfältig die Ungestalt des Feindes sei und er ihn stets und unter allen Umständen erkennen möge (…).

 

X Erst wenn der Knappe seinen Körper und seinen Geist gestählt, sein Wissen vergrößert, die Lehren, Gebete, Tugenden und Verbote verstanden, die Heiligen Schriften gelesen, den Kampf zu Pferd, zu Fuß, alleine und in der Gemeinschaft beherrscht, die Heiligtümer und Speichen besucht und verstanden hat und bereits auf Mission auszogen ist,  dann erst möge sein Ritter in Erwägung ziehen, in als Ritter Golgaris in die ewige Gemeinschaft aufzunehmen (…)

 

XI So denn berechtigte Einwände oder Vorwürfe bestehen, betreffend einer falschen Unterweisung eines Ritters, so mag der Kläger vor den Schwingenträger treten, denn ihm allein steht es zu, über Ordensmitglieder zu richten. Er allein vermag, durch Borons Willen, den wahren Sachverhalt zu erkennen und den gerechten Schiedsspruch zu fällen.

 

Appendix I : „Den Brüdern des Ordens der ewigen Nacht des Herrn Boron im Geiste des Zakhabaras Extor Zorkaban sei es Aufgabe, zu Garrensand fünfmal möndlich, zu Krähenwacht täglich, sich dieser Unterweisung anzunehmen.“

Appendix II : „Das Reitpferd sei dem Knappen von den ordenseigenen Gestüten zu Rabenstein und Phexenstein zur Verfügung gestellt. Im Kampfe wider den Feind im Osten habe der Ritter seinen Knappen eine Reitübung an den Grenzen der freien Lande abhalten zu lassen, auf dass Knappe und Pferd im Umgang mit dem schlimmsten Feind der Rechtgläubigen geschult werden mögen.“

- Auszug aus der "Lex Boronia"